schließen

Tagebuch / Blog

Freitag, den 22 Oktober 2021

Das Internet vergisst nichts.

Als ich vor einigen Tagen gefragt wurde, wie es dazu kam, dass die Ausstellung der unveröffentlichten Comics, die gerade in der Ludwig-Galerie zu sehen ist, überhaupt dort landete, dachte ich mir, ich schaue mal ein wenig zurück, bevor meine Erinnerungen daran verblassen und ich die Fakten nicht mehr richtig hinbekomme…

Begonnen hatte das Ganze als ein unscheinbarer Facebook-Post am 10. August 2018.

Ich hatte eine Comic-Seite gepostet zu einem Projekt, das zu dem Zeitpunkt fest steckte und sich nicht bewegen wollte. Daraufhin folgte in den Kommentaren darunter ein reger Austausch mit Freunden und Kollegen, darunter, Norbert Höveler, der vorschlug, aus diesen halbfertigen Projekten ein Buch zu machen. Ein Buch machte mir in diesem Kontext nicht richtig Sinn, wollte man die Leser nicht mit halbfertigen Geschichten konfrontieren. Eine Ausstellung wäre da doch vielleicht ein angemessenerer Rahmen, oder?

Es ist überaus selten, dass die Genesis einer Idee verfolgbar ist- und der Start auf FB war da ein echter Glücksfall! Nachlesen kann man das Ganze hier:

https://www.facebook.com/ralf.marczinczik/posts/1914825231911372

Ich mag es nicht, eine Idee liegen zu lassen, die ich als gut und lohnenswert empfinde, und dachte mir, wenn das nicht jemand in die Hand nimmt, wird es nix! Über die langen Jahrzehnte meines Arbeitslebens als Freiberufler im kreativen Bereich hatte ich gelernt, dass eine gute Idee alleine nicht reicht, um andere dafür zu begeistern, tätig zu werden. Diese Ausstellungs-Idee anzuschieben, sah jedoch nach eine Menge Kommunikation aus. Da Norbert, den ich sehr schätze, signalisiert hatte, dass wir dazu mal telefonieren können, griff ich am nächsten Tag zum Hörer und rief ihn einfach mal an, um darüber zu brainstormen.  Norbert bestärkte mich in der Auffassung, dass es eine schöne Idee ist, und bei meiner Nachfrage, ob er bei dem Projekt aktiv bei der Akquise mitmachen wollte, verwies er auf viel eigene Arbeit und einen vollen Terminplan, versicherte aber, dass er ein paar Seiten eines eigenen Projekts hätte, die er gerne zusenden könne. Das hat er dann auch getan. Ich selbst hatte mich schon gefreut, den anstehenden Kommunikations-und Recherche-Aufwand mit jemandem teilen zu können- aber das hatte sich dann leider nicht ergeben. Egal. Exit Norbert.

Eine gute Idee, bleibt eine gute Idee, und so begann ich, die Webseiten mir bekannter und befreundeter Comiczeichner und Kollegen zu durchsuchen und sie anzuschreiben. Meine Überlegung war, erst einmal Material zu sammeln, und wenn ich das Gefühl hätte, ich habe genug spannende Projekte und Namenzusammen, um diese Ausstellungsidee irgendwo zu präsentieren (z.B. dem Erlanger Kulturamt, das den Comic-Salon organisiert, oder einer Galerie), so würde ich einen Termin machen, und das Ganze als mögliches Ausstellungsprojekt zu platzieren.

Das Echo auf meine Nachfrage bei den Comic-Schaffenden war überwältigend. Viele der bekannteren Künstler, die mich bis dato nicht persönlich kannten (darunter Isabel Kreitz, Kristina Gehrmann oder Nicolas Mahler) waren großzügig mit Ihrer Zeit und ihren Werken, und alsbald wurde mir klar: Das könnte funktionieren!

Unbekanntes Material bekannter Künstler führt vielleicht dazu, dass sich auch renommierte Häuser, wie die Ludwiggalerie in Oberhausen, zumindest meinen kleinen Vortrag zur Idee einer Ausstellung anschauen würden.

Über die Monate September und November hatte ich gut 150 Kollegen angeschrieben und von fast allen Proben der unveröffentlichten Werke zugemailt bekommen, die ich dann zu einer Präsentation zusammengebaut hatte. Die Datenbank mit Den Namen, Werken und Kontakten war auch vorbereitet, denn mir war klar, dass ich selbst die Ausstellung nicht machen würde, sobald sie bei einer Galerie oder Museum landen würde. Dafür gibt es akademische Mitarbeiter und professionelle Kuratoren. Auch wird man aus all dem Material und Projekten (mit ihren zum Teil sehr bewegenden Backstories) eine Auswahl treffen müssen- und dafür hatte ich nicht das Herz. Der Platz in solchen Ausstellungen ist natürlich begrenzt- und es gab jetzt schon drei Mal mehr zu zeigen, als Platz vorhanden wäre.

Ich bereitete eine Liste möglicher Interessenten vor, ganz oben die Ludwiggalerie, die das größte Renommee und auch Erfahrung mit Comic-Ausstellungen hatte.  Auch kannte ich die Leiterin der Galerie von einem Projekt im Vorjahr, bei dem ein Werk von mir Teil der Ausstellung war.

Hilfe hatte ich mir in Form von Susanne Flimm geholt, die ich auch als Vorstand des Cöln Comic Hauses kannte, und deren Zuspruch und Unterstützung für mich Gold wert war. Ein Künstler mit nur wenigen namhaften Titeln unter dem Gürtel, wie ich es war, erschien mir nicht schwergewichtig genug, um die nötige Seriosität meine Anliegens zu verdeutlichen. Susannes Beistand war für mich enorm wichtig und ich kann Ihr nicht genug dafür danken!

So fand ich mich dann an einem schönen Winternachmittag in den Betriebsräumen der Galerie wieder und bei Kaffee, Plätzchen und einem schnurrenden Projektor wieder und begann mit meiner Präsentation. Die Gelegenheit bei dieser Ausstellung auch Klassiker wie Wilhelm Busch präsentieren zu können, kam bei der Recherche, und so konnte ich im Vorfeld auch Unveröffentlichtes von ihm und anderen Klassikern der deutschen Comic-Kultur aufzeigen. Meine Recherche ging dabei nicht in die Tiefe, sondern zeigte nur auf, was es sonst noch gäbe.

 Eine halbe Stunde in meiner Präsentation gab die Leiterin des Hauses dann auch zu meiner großen Überraschung ihr aufrichtiges Interesse bekannt, und bat mich, die Idee gleich in der Ludwiggalerie zu belassen, mit einer möglichen Ausstellung im Herbst 2022.

Das abrupte Happy End einer von mir vorprojezierten langen Suche mir vielen Terminen und Lippen fusselig reden…

Die Ausstellung würde nun tatsächlichen stattfinden. Im bestmöglichen Umfeld. Und das auch noch beim ersten Versuch!

Wow.

Das war ja so viel einfacher als ich dachte!

 

Und für alle, die sich nun fragen: Was kam für Dich dabei herum?

Die Antwort ist:

Kein Geld, viele, viele Mails und wunderbare Austausche mit wunderbaren Kollegen und Freunden und das Wissen, dass diese Idee umgesetzt werden würde! Das war weit mehr, als ich je erwartet hatte!

Soweit also meine aktive Rolle.

Kuratiert (d.h. Werke und Künstler ausgewählt) wurde das Ganze von Linda Schmitz-Kleinreesink M.A.

Ende des Winters 2018/2019 übergab ich alles an Material und Kontakten, die ich gesammelt hatte an Linda, die daraufhin begann, noch mehr Künstler und Werke auszugraben, Zusagen und Absagen zu schreiben, und was sonst noch alles anfallen würde.

 Vor Ihr lagen nun 2 ½ Jahre harter Arbeit und ein Berg an Kommunikation und Verträgen, und eine sicherlich nicht einfache Auswahl der Werke, die nun in einem akademischen Rahmen gezeigt werden sollen. Eine Aufgabe, um die ich sie nicht beneidete.

Der eigentliche Anteil an echter Arbeit, die diese Ausstellung möglich gemacht hat ist daher der Verdienst von ihr und dem Team, das sie dabei unterstützt hat.

Vor zwei Wochen war die Eröffnung:

https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr3/wdr3-kultur-am-mittag/audio-unveroeffentlicht---comic-geschichte-in-oberhausen-100.html

Mir bleibt also nur zu sagen:

Danke für den Tanz!

Es hat Spaß gemacht und ich habe irre viel dabei lernen dürfen!

 

 

Kommentare

Kommentar abgeben

Name:
Kommentar: